Der Lösung auf der Spur: So laufen Ermittlungen bei der Bundespolizei wirklich ab

Es ist sechs Uhr morgens. Kommissar Jensen steigt aus seinem braunen Porsche 911. Zielstrebig macht er sich auf den Weg zum Tatort, in der einen Hand einen Becher lauwarmen Kaffee, in der anderen ein Feuerzeug, mit dem er sich im Gehen eine Zigarette anzündet. Sein Trenchcoat wird nass vom Regen. Das zerzauste Haar und die Augenringe verraten, dass Jensen die Nacht mal wieder auf dem Kommissariat verbracht hat.

So oder ähnlich könnte eine klassische Szene aus dem “Tatort” oder einer anderen Krimiserie im deutschen Fernsehen aussehen. Mit dem Alltag bei der Bundespolizei hat sie allerdings nur wenig zu tun. In den einschlägigen Formaten verstecken sich viele Mythen rund um den Polizeiberuf, denen wir in diesem Blogbeitrag auf den Zahn fühlen.

Ist der Krimikommissar ein Mythos?

In Episode 96 unseres Podcasts FUNKDISZIPLIN klären wir gemeinsam mit dem Ermittlungsbeamten Fred über Polizeimythen aus Krimiserien auf. Fred ist Polizeihauptmeister und ermittelt bei der BPOL. Ihn nur aufgrund seiner Ermittlerrolle als Kommissar zu bezeichnen wäre allerdings falsch, denn nicht jeder Ermittler ist automatisch ein Kommissar. Kommissare gehören zum gehobenen Dienst, sind in der Regel Sachbearbeiter und nehmen daher eher administrative Aufgaben oder Führungstätigkeiten wahr. Sie können jedoch genauso wie Fred ermitteln und sind dann als Ermittlungsbeamter mitten im Geschehen tätig – also für die Untersuchung von Straftaten und die Sammlung von Beweisen zuständig.

Zur Arbeit kommt Fred zudem nicht mit einem Oldtimer-Porsche, sondern mit dem ICE. Er betritt das Büro nicht mit einer Zigarette im Mund, denn er ist Nichtraucher. Sogar das Kaffeetrinken hat er sich seit einiger Zeit abgewöhnt. Zur Podcast-Aufnahme erscheint er ganz ohne Augenringe – und das ist auch kein Ausnahmezustand, wie er erzählt. Als Ermittlungsbeamter im Tagesdienst hat Fred einen geregelten Arbeitsalltag mit festen Kernarbeitszeiten. Spannend wie in einer Krimiserie kann sein Beruf trotzdem sein, denn die Ermittlungstätigkeiten umfassen viele Aspekte, die wir auch aus dem Tatort kennen. So zum Beispiel die Vernehmung von Zeugen, die Überprüfung von Verdächtigen, die Erstellung von Täterprofilen und die Durchsuchung von Wohnung nach richterlicher Anordnung. Dann nur mit Durchsuchungsbeschluss – den allseits bekannten „Durchsuchungsbefehl“ gibt es übrigens nicht. Das Wort hält sich fälschlicherweise aber hartnäckig im Sprachgebrauch.

Mit Blaulicht dem Feierabendstau entfliehen? Fünf Mythen über Tätigkeiten bei der Bundespolizei im Schnelldurchlauf

So wie die Figur des Ermittlers ist auch die Tätigkeit von Ermittlerinnen und Ermittlern bei der BPOL mit vielen Mythen behaftet. Hier machen wir reinen Tisch mit fünf weiteren Mythen, mit denen wir immer wieder konfrontiert werden:

  • Bei der Vernehmung von Verdächtigen wird mit einem Lügendetektor gearbeitet. Falsch. Die BPOL verwendet bei Vernehmungen keinen Lügendetektor.
  • Als Bundespolizistin oder Bundespolizist hat man die Waffe immer dabei. Falsch. Was richtig ist: Jede Bundespolizistin und jeder Bundespolizist wird für den richtigen Umgang mit der Dienstwaffe ausgebildet. Sie wird allerdings nur zum Dienst mitgenommen und muss ansonsten sicher in einem Safe zu Hause oder auf der Dienststelle verwahrt werden.
  • Wer bei der BPOL arbeitet, darf umsonst mit der Bahn fahren. Das ist richtig. Aber nur unter einer Bedingung: Als Bundespolizistin oder Bundespolizist darf man umsonst mit der Bahn fahren, wenn die Uniform getragen wird. Damit geht einher, dass man im Notfall polizeilich handeln muss.
  • Geblitzt als Polizistin oder Polizist? Kein Problem, den Eintrag kann man ja dann einfach selbst aus dem System löschen. Falsch. Natürlich müssen Bundespolizistinnen und Bundespolizisten ebenfalls ein Bußgeld bezahlen, wenn sie geblitzt wurden. Die einzige Ausnahme ist, wenn das sogenannte Sonder- und Wegerecht in Anspruch genommen wird. Dann muss die BPOL schnell und unter Einsatz von Blaulicht und Martinshorn zu einem Einsatzort fahren. In diesem Fall entfällt das Bußgeld.
  • Mit dem Polizeiauto im Stau? Praktisch: Blaulicht einschalten und schon hat man freie Fahrt. Falsch. Blaulicht und Martinshorn dürfen ausschließlich nur bei einem Einsatz verwendet werden. Hier wird auch kein Auge zugedrückt, denn jede Blaulichtfahrt muss genauestens dokumentiert werden.

Zu gängigen Polizeimythen haben wir übrigens auch eine Podcast-Episode aufgenommen, die ihr euch hier anhören könnt. Wie eine Ermittlung in der Realität aussieht, kann auch in der FUNKDISZIPLIN-Episode 74 nachgehört werden, wo Klaus Seibert über seine Tätigkeit beim Kriminaltechnischen Dienst erzählt.